100 Jahre Freistaat Bayern – Rückblick auf Lesung in Kempten

„Bayern ist fortan ein Freistaat“ – mit dieser Proklamation durch Kurt Eisner begann die Geschichte des Freistaats Bayern in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918. Im Rahmen einer Lesung mit dem Historiker und Schriftsteller Ralf Höller erinnerte die Allgäuer SPD-Landtagsabgeordnete Ilona Deckwerth an die unblutige Revolution und den Beginn der ersten demokratischen Republik auf deutschem Boden.

In seinem Buch „Das Wintermärchen“, aus dem Höller vorlas, lässt der Autor die damals in München lebenden Schriftsteller die Geschichte dieser unblutigen Revolution erzählen. So empört sich Lion Feuchtwanger in seinem Tagebuch über den undramatischen Abgang des bayerischen König Ludwig III. Dieser verlässt, nur mit einer Zigarrenschachtel bepackt, München und besiegelt damit das Ende der 738 Jahre währenden Herrschaft der Wittelsbacher. Oskar Maria Graf beschreibt die Apathie der Wirtshausgäste, die noch gar nichts von der Revolution mitbekommen haben. Rainer Maria Rilke wünscht sich gar sowjetische Verhältnisse. Anhand dieser persönlichen Einblicke, wie die Beschreibung, dass Wachposten vor Kaufhäusern postiert werden aus Angst vor Plünderungen oder das rasche Überpinseln der Aufschrift „Hoflieferant“, kann Höller ein lebendiges Bild der damaligen Zeit zeichnen. So nahm er die zahlreichen Gäste der Lesung mit auf eine Zeitreise in die 175 Tage währende Regierungszeit Eisners, die mit einer Niederlage bei der ersten Landtagswahl und der Ermordung Eisners am 21.Februar 1919 endete. Durch das Eingreifen rechter Gruppen und dem Einmarsch aus Berlin gesandter Truppen kam es auch in Bayern zum Bürgerkrieg.

In der Begrüßung des Autors würdigte Deckwerth die Person Kurt Eisner und den oft unter den Teppich gekehrten Anteil der Sozialdemokratie an der Gründung des Freistaats Bayern: „Es waren Sozialdemokraten, die am 7. November 1918 und in den nachfolgenden Wochen in Bayern den Freistaat ausriefen, eine der Demokratie verpflichtete Regierung schufen, eine soziale Hilfspolitik für die nach den Kriegszerstörungen darbende Bevölkerung einleiteten und das Frauenwahlrecht einführten!“

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