Traumberuf Pflege: Experten diskutierten den Weg dorthin

„Was ist uns der alte Mensch eigentlich wert?“ fragte provokativ ein Zuhörer im Rahmen der Veranstaltung „Traumberuf Pflege“. Es diskutierten die Bundestagsabgeordnete Hilde Matthias, AWO-Schwaben Vorstandschef Dieter Egger und Lothar Köster (Seniorenbeauftragter Stadt Kempten) unter der Moderation der Landtagsabgeordneten Ilona Deckwerth.

Panel der Veranstaltung vom 05. September 2018 - v.l.n.r. Ihr Herz schlägt für die Pflege: Dieter Egger (Vorstand AWO Schaben), MdL Ilona Deckwerth, MdB Hilde Mattheis und Lothar Köster (Seniorenbeauftragter der Stadt Kempten). Bildnachweis: Abgeordnetenbüro Deckwerth

„Was ist uns der alte Mensch eigentlich wert?“ fragte provokativ ein Zuhörer im Rahmen der Veranstaltung „Traumberuf Pflege“. Es diskutierten die Bundestagsabgeordnete Hilde Matthias, AWO-Schwaben Vorstandschef Dieter Egger und Lothar Köster (Seniorenbeauftragter Stadt Kempten) unter der Moderation der Landtagsabgeordneten Ilona Deckwerth.

Die derzeitige herausfordernde Lage für den Pflegestand liegt im demographischem Wandel begründet. Seitdem die „Alterspyramide“ schneller wächst als die Menschen, die im Pflegeberuf ausgebildet und aktiv sind, brauche es dringend Fachkräfte. Alleine im Allgäu fehlten laut Allgäuer Zeitung aktuell 1.000 fertig ausgebildete Pflegefachkräfte. Schon jetzt sind die Auswirkungen dieses Missstands spürbar: erste Senioreneinrichtungen in der Region mussten bereits wegen Personalmangel geschlossen werden. Noch ist im Allgäu der bundesweite Trend nicht angekommen, dass Investoren Pflegeeinrichtungen kaufen und sich daraus bis zu 10% Rendite erwarten. Das ginge zumeist auf Kosten der Betreuten und vor allem des Personals. Lothar Köster wies daraufhin, dass es im Allgäu noch vor acht Jahren eine Prognose bezüglich des Pflegeplatzbedarfs gegeben habe, die sich heute als viel zu niedrig herausgestellt habe.

 

Pflege TVöD und mehr

Mattheis setzte diesen Trends ihre Forderungen entgegen: Auf Bundesebene solle ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für Pflegefachkräfte geschaffen werden. Denn nur mit einer wirklichen besseren Bezahlung sei dieser Berufsstand zu retten. Darüber hinaus forderte sie eine 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich. Im TVöD soll anlehnend an SuE (Sozial und Erziehungsdienst) Tabelle ein Pflegetarifvertrag geschaffen werden (Stichwort „Pflege TVöD“). Retten solle den Berufsstand auch eine generalistische Ausbildung der Altenpflege. Grundsätzlich müsse aber die Pflegeversicherung von der bestehenden Teilversicherung zu einer Vollversicherung ausgebaut werden, bei der staatliche Zuschüsse sicherstellen, dass diese Versicherung auch für Personen mit geringem Einkommen erreichbar ist.

 

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Deckwerth führte aus, dass auf Landesebene eine Erhöhung der Fachkraftquote und in Folge dessen ein besserer Betreuungsschlüssel den Berufsstand sichern könnte. Und Egger, dessen Träger schon innovativ arbeitet, wies darauf hin, dass die für Betreuung notwendige Schichtarbeit auch familienfreundlich gestaltet werden müsse. Das könnten Träger nicht allein, sie seien auf gute Kitas und Hortplätze für die Kinder der Mitarbeiterschaft angewiesen, die auch eine Frühschicht berücksichtigen würden. Darüber hinaus könne die Förderung durch Krankenkassen und den Gesetzgeber zur Anschaffung von technischer Ausstattung (Hebehilfen und Barrierefreiheit) die Ergonomie der Arbeitsplätze verbessern. Derzeit leiste die AWO sich viele solcher Geräte und neuer Konzepte, weil für sie der Mensch im Mittelpunkt stünde. Aber andere Einrichtungen, die vor allem betriebswirtschaftlich denken würden, setzten diese auf Kosten der Mitarbeiterschaft und letztlich auch der Betreuten nicht ein. Eigentlich müsse auch der Betreuungsschlüssel (Mitarbeiter pro Betreuten) erhöht werden, um für die Anbefohlenen ausreichend Zeit zu haben. Egger wies auch auf die Verpflichtung und Belastung für Mitarbeiter/innen an Feiertagen und an Wochenenden hin. Das gehöre mit zum Beruf, müsse in der Kinderbetreuung von den Mitarbeiter/innen eigentlich mit berücksichtigt werden und auch entsprechend in der Entlohnung.

 

Köster führte aus, dass in den noch eher neuen Wohnanlagen für anfangs noch selbstständig lebende Seniorinnen und Senioren der Übergang zu geleisteter Pflege schwierig sei und sein werde. Denn Angebot, Organisation und Finanzierbarkeit bei Pflegebedarf steckten noch in den Kinderschuhen.

 

Das einstimmige Credo des Panels lautete daher, dass der menschenzugewandte Beruf der Pflegefachkraft attraktiver gestaltet werden solle, damit der Fachkräftemangel beseitigt werden kann. Die Wertschätzung des Berufs in der Gesellschaft und in der Entlohnung verdiene eine Verbesserung. Dann würde allen auch menschenwürdig gedient.

 

Bildunterschrift:

v.l.n.r. Ihr Herz schlägt für die Pflege: Dieter Egger (Vorstand AWO Schaben), MdL Ilona Deckwerth, MdB Hilde Mattheis und Lothar Köster (Seniorenbeauftragter der Stadt Kempten). Bildnachweis: Abgeordnetenbüro Deckwerth