„Inklu-Net“ lädt zu Vortrags- und Diskussionsabend in die Bauhütte ein von Margit Poxleitner
Perlesreut. Zum 18. Treffen des „Inklu-Net“ haben die Verantwortlichen MdL Ilona Deckwerth (SPD) zu einem Vortrag zum Bundesteilhabegesetz eingeladen. Die Sonderschullehrerin, Mitglied des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration referierte sehr engagiert über die Teilhabe in Kindergarten, Schule und Arbeitsplatz. Als leidenschaftliche Verfechterin der Inklusion forderte Ilona Deckwerth ein, alle Barrieren zu überwinden. Im Anschluss an den Vortrag entspann sich eine sowohl emotionale, als aus Erfahrungen geprägte Diskussion. Leider konnten der Referentin aus Zeitgründen nicht mehr alle Argumente vorgetragen werden.
Inklusion in Kindergarten und Schule, wie sich der Übergang gestalten lässt und welche Möglichkeiten es für Menschen mit Behinderung gibt, ins Berufsleben einzusteigen war das Thema des Abends. Dabei war das Bundesteilhabegesetz und seine Auswirkungen Basis der Ausführungen der Referentin. Pfarrvikar Johannes Spitaler konnte zahlreiche Vertreter von Institutionen, Betroffene, Behindertenbeauftragte, MdL Bernhard Roos, BGM Max Köberl, und Pfarrer Markus Krell und weitere Interessierte begrüßen. Heilpädagoge Ossi Peterlik, moderierte den Abend.
Zum Einstieg definierte Ilona Deckwerth das Thema des Tages „Inklusion“, mit „Teil des Ganzen sein“. Dazu sei neues Denken notwendig. Inklusion sei kein Gnadenrecht, sondern Grundrecht und im Grundgesetz verankert. Als leidenschaftliche Verfechterin der Inklusion forderte Ilona Deckwerth ein, alle Barrieren zu überwinden. Nach einer Einführung in das Bundesteilhabegesetz widmete sie sich den Herausforderungen bei der Umsetzung der Inklusion und trat dabei vehement dafür ein, dass sie bei genügend Einsatz und Willen durchaus machbar ist.
Das Bundesteilhabegesetz ist beschlossen, nun müsse der „Gedanke der Inklusion in die Köpfe“ und die Bereitschaft da sein, Lösungen zu finden, so ihre Ausführungen. Leider scheitere die Inklusion oft an der Bereitschaft sie zu finanzieren, obwohl genügend Geld da wäre, wie die Referentin überzeugt betonte. Inklusion bedeute auch Wahrnehmung „was muss man tun, dass Menschen mit Behinderung teilnehmen können“, wird aber leider auch als Bedrohung von Arbeitsplätzen angesehen (Werkstätten, Förderschulen). Vehement sprach sie sich für heterogene Gruppen in Schulen mit gezielter Förderung aus und zeigte sich überzeugt, dass auch Kinder ohne Behinderung von diesen Gruppenprofitieren würden, und nannte dazu ein gelungenes Beispiel für Inklusion an einer Schule.
Als Gefahren nannte sie, dass der Begriff Inklusion „negativ geladen“ sei, Fehler bei der Ausführung und die Deckelung von mobilen Kräften. Dabei sei die Inklusion ein „Kennzeichen für eine humanitäre Gesellschaft“. Zur Umsetzung forderte sie Übergänge, offene Pädagogik in Kindergärten und ein anderes Bewusstsein für Inklusion. Bezüglich der Schulen monierte sie die Leistungsorientiertheit, ein System, das das Separieren prägt. „Wenn wir Inklusion wollen, müssen wir die Schulpolitik weiterentwickeln“. Gute Beispiele gäbe es genügend.
Als Ansatz für ein Gelingen einer Gesellschaft, „die alle einschließt, die hier leben“ nannte sie die Notwendigkeit vom „weg vom beschreiben des Defizits“. Die Frage sei nicht „welche Behinderung habe ich?“, sondern „Wie kann ich, so wie ich bin, hier leben.“. Man habe sich für den Weg der Inklusion entschieden, nun heiße es Wege zu suchen, dass Inklusion gelingt. Positive Beispiele gäbe es bereits, wie München, wo Inklusion gut gelänge. Dies müsse nach dem bayerischen Motto „Gleiche Bedingungen für das ganze Land“ auch in der Fläche umgesetzt werden und hob heraus „Teilhabe muss der Gesellschaft auch etwas wert sein“. In der Arbeitswelt beschränke sich die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes oft nur auf das Recht auf einen Platz in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Im Detail sein noch viel zu tun, schloss sie ihre Ausführungen um noch einmal zu betonen, dass Inklusion keine Gnade sei, sondern Grundrecht. Ossi Peterlik dankte der Referentin für den „Ritt durch die Themen“ und eröffnete die Diskussionsrunde, die verschiedenste Blicke auf das Thema bot.
Abschließend gab MdL Bernhard Roos seiner Hoffnung Ausdruck, dass der „Kulturwandel in Gesellschaft gelingen wird“ und zeigte sich sicher, je früher es für Kinder normal ist, mit Kindern mit Behinderung zusammen zu spielen und zulernen, je selbstverständlicher ist es.
Wortmeldungen:
Ferdinand Killinger, Geschäftsführer der Lebenshilfe Grafenau gab zu bedenken Inklusion dürfe nicht zu Illusion werden und dass man genau unterscheiden müsse, was für den Einzelnen besser sei, denn für niemand darf die Situation schlechter werden. Bestehende Einrichtungen sah er Schutz für Behinderte, und stellte die Frage in den Raum „Ist unser Wirtschaftssystem geeignet?“ Peterlik betonte die Teilhabe hänge davon ab, wie sozial ein Betrieb ist. Inklusion muss in Kopf des Chefs angekommen sein, das seien noch Einzelfälle. Ferner sehe er als Pädagoge die Gefahr, dass Menschen mit Behinderung mit Scheitern konfrontiert werden. In weiteren Wortmeldungen kam auch die Inklusion von Asylbewerbern zur Sprache, die Notwendigkeit, Rahmenbedingungen zu schaffen und das Problem der fehlenden Fachkräfte. Ferner gab es die Wortmeldung, dass bei mehr Aufklärung die Akzeptanz der Inklusion wohl auch größer würde.
Leider musste sich die Referentin kurz nach den ersten Wortmeldungen verabschieden. im Plenum wurden jedoch noch viele Meinungen ausgetauscht, wobei deutlich wurde, dass es vor allem in der Praxis die Überzeugung überwiegt: Wir brauchen spezielle Einrichtungen auch in Zukunft, Inklusion nicht immer nur zum Nutzen des Einzelnen sei, und die Entscheidung „in welche Schule, in welche Arbeit“ durchaus differenziert und individuell zu betrachten ist.
Schließlich beschlossen die Organisatoren, die nach Abfahrt der Referentin zur Sprache gekommenen Meinungen und Anregungen zu sammeln und an die MdL weiter zu geben. Für das nächste Jahr plant Inklu-Net eine Veranstaltung zum Thema „Arbeit/Schule“.
Bundesteilhabegesetz: Menschen mit Behinderung sollen in ihrem Leben mehr selbst bestimmen können, und sie sollen besser am Arbeitsleben teilhaben können. Dafür bekommen sie bessere Unterstützung. Jede Person mit Behinderung bekommt mit dem neuen Gesetz genau die Unterstützung, die sie wegen ihrer Behinderung braucht.